Vorwort
von Dr. Dr. Klaus von Ploetz Ehemaliger Chefarzt in der Klinik Bad Herrenalb
Die stationäre Psychotherapie der Klinik Bad Herrenalb ist von vielen ehemaligen Patienten der Klinik rückblickend eine Lebensschule genannt worden. Lebensschule ist hier als die Möglichkeit gemeint, in einer vollkommen anderen Form als das die übliche sprechende Psychotherapie eigentlich vorsieht, einen neuen Weg zu sich selber zu finden. Die meisten Menschen haben Schubladen voll mit Wünschen nach persönlicher Änderung, ohne dass diese Änderung bisher eintreten konnte.
Wie in der Schule bedeutet dies, wenn wir nicht lernen mit dem Leben anders umzugehen, bleiben wir sitzen. Wenn wir nicht gelernt haben Beziehungen zu schützen und uns einzulassen, mag zwar jede Scheidung uns vorgaukeln, mit einer neuen Liebe beginne ein neues Glück, aber das weitere wird zeigen, ewige Wiederkehr des gleichen Musters und der gleichen Schwierigkeiten.
Entgegen dem Programm von über hundert psychosomatischen Kliniken in Deutschland setzt die Herrenalber Klinik vermehrt auf menschliche Begegnung, nicht auf das Auswendiglernen von pathologischen Geschichten, die selber wieder Kontrolle über diese Menschen erreichen und die man nur angeblich in Einzelgesprächen wieder loswerden könnte.
Die erste Klasse in dieser »Schule« bedeutet, das eigene Bindungskonzept zu erfahren. Bindung bedeutet hier meine Möglichkeiten, mich auf Menschen einzulassen und sie in aller Offenheit zu erfahren. Eine gute Bindung gibt mir Stand in der Welt und meine Neugier auf Menschen zurück. Mit dieser sicheren Bindung gebe ich mir die Freiheit zurück, es mit dem Leben anders aufzunehmen. Wenn ich mir jetzt die Hand eines Menschen nehme, meldet mir mein ganzer Körper meine Einstellung zu emotionaler Offenheit und körperlicher Nähe zurück. Mein Misstrauen und meine Angst können in der Berührung aber auch mein eingeschränktes Bindungskonzept akut alarmieren. Die alten Muster werden nicht so schnell weichen und oft wird es erst möglich sein, von diesem alten Muster loszukommen, wenn ich kapituliere, wie dies der erste Schritt im 12 Schritte-Programm beschreibt.
Oft aber ist neben der Angst und dem Misstrauen auch eine Sehnsucht nach einem anderen Leben spürbar. Wenn es gelingt, dieses Grundbedürfnis nach Bindung, emotionaler Offenheit und körperlicher Nähe zu stillen, kann die nächste Klasse beginnen.
In der zweiten Klasse geht es darum, mit diesem neuen Verhältnis zu Dir und anderen Menschen die alten Geschichten anzugehen. Viele von uns haben ihr altes Kopfkino, ihre Videoclips über all die erfahrenen Verletzungen und Zurückweisungen in ihren Köpfen und Herzen. Immer wieder sehen sie die alten Situationen, erleben die alten Gefühle. Da es immer wieder die alten Gefühle sind, die auftauchen, könnte man sie auch wiederholte Gefühle nennen. So als ob Du einen Knopf hättest, den Du nur zu drücken bräuchtest, mit dem Ergebnis, alles ist von neuem da. So als ob Du es von neuem erlebst. Diese Geschichten beginnen Dich zu kontrollieren, aber Du bist es, der diesen Knopf drückt. Diese alten Filme enden damit, dass Du Dich schlecht fühlst, Du bist unschuldig und wehrlos. Da Du der Regisseur dieser Filme bist, ist die Tendenz gegeben, diesen Film noch dramatischer und krasser zu schneiden, mit dem Ergebnis Selbstmitleid mit Dir selber und Deinem Leben zu bekommen. Dir entgeht zunehmend, dass es eventuell auch einen eigenen Anteil in diesen Geschichten geben könnte.
Der vierte Schritt im 12 Schritte-Programm lädt Dich ein, durch eine Inventur Deine Ressentiments, Deine Wiedergefühle, den Blick und die Gefühle überhaupt freizubekommen. In einer anderen Art, mit diesen Verletzungen umzugehen und sie auch loslassen zu können. Du erfährst von Deinen Grundbedürfnissen nach emotionaler Offenheit und körperlicher Nähe, von Deinem Grundbedürfnis nach Sicherheit und auch nach Selbstachtung. Vor allem erfährst Du auch von Deinem Grundbedürfnis nach Achtsamkeit und Spiritualität. Erst wenn Du Dich in diesem Erwachen zu einer neuen Ganzheit erleben kannst, wird es Dir gelingen, im Heute zu leben. Dein Leben lässt sich nur durch den Augenblick leben, nicht durch eine schmerzliche Vergangenheit und eine sorgenvolle Zukunft.
Genau dies ist mit Ronald in der Klinik Bad Herrenalb passiert. Er hatte die Gelegenheit, in der Klinik Bad Herrenalb zu einer neuen Einstellung, »Es ist gut, dass es mich gibt«, aufzuwachen. Dieser Satz war ihm kognitiv lange bekannt, aber er brauchte dafür einen Ort und auch eine Gelegenheit, dies auch in allen Körperzellen als Genesung erleben zu können. Dieses kleine Geheimnis seiner Genesung hat er mit diesem Buch vor all unsere Sinne gelegt.
Vorwort von Dr. Dr. Klaus von Ploetz
Ehemaliger Chefarzt in der Klinik Bad Herrenalb
Die stationäre Psychotherapie der Klinik Bad Herrenalb ist von vielen ehemaligen Patienten der Klinik rückblickend eine Lebensschule genannt worden. Lebensschule ist hier als die Möglichkeit gemeint, in einer vollkommen anderen Form als das die übliche sprechende Psychotherapie eigentlich vorsieht, einen neuen Weg zu sich selber zu finden. Die meisten Menschen haben Schubladen voll mit Wünschen nach persönlicher Änderung, ohne dass diese Änderung bisher eintreten konnte.
Wie in der Schule bedeutet dies, wenn wir nicht lernen mit dem Leben anders umzugehen, bleiben wir sitzen. Wenn wir nicht gelernt haben Beziehungen zu schützen und uns einzulassen, mag zwar jede Scheidung uns vorgaukeln, mit einer neuen Liebe beginne ein neues Glück, aber das weitere wird zeigen, ewige Wiederkehr des gleichen Musters und der gleichen Schwierigkeiten.
Entgegen dem Programm von über hundert psychosomatischen Kliniken in Deutschland setzt die Herrenalber Klinik vermehrt auf menschliche Begegnung, nicht auf das Auswendiglernen von pathologischen Geschichten, die selber wieder Kontrolle über diese Menschen erreichen und die man nur angeblich in Einzelgesprächen wieder loswerden könnte.
Die erste Klasse in dieser »Schule« bedeutet, das eigene Bindungskonzept zu erfahren. Bindung bedeutet hier meine Möglichkeiten, mich auf Menschen einzulassen und sie in aller Offenheit zu erfahren. Eine gute Bindung gibt mir Stand in der Welt und meine Neugier auf Menschen zurück. Mit dieser sicheren Bindung gebe ich mir die Freiheit zurück, es mit dem Leben anders aufzunehmen. Wenn ich mir jetzt die Hand eines Menschen nehme, meldet mir mein ganzer Körper meine Einstellung zu emotionaler Offenheit und körperlicher Nähe zurück. Mein Misstrauen und meine Angst können in der Berührung aber auch mein eingeschränktes Bindungskonzept akut alarmieren. Die alten Muster werden nicht so schnell weichen und oft wird es erst möglich sein, von diesem alten Muster loszukommen, wenn ich kapituliere, wie dies der erste Schritt im 12 Schritte-Programm beschreibt.
Oft aber ist neben der Angst und dem Misstrauen auch eine Sehnsucht nach einem anderen Leben spürbar. Wenn es gelingt, dieses Grundbedürfnis nach Bindung, emotionaler Offenheit und körperlicher Nähe zu stillen, kann die nächste Klasse beginnen.
In der zweiten Klasse geht es darum, mit diesem neuen Verhältnis zu Dir und anderen Menschen die alten Geschichten anzugehen. Viele von uns haben ihr altes Kopfkino, ihre Videoclips über all die erfahrenen Verletzungen und Zurückweisungen in ihren Köpfen und Herzen. Immer wieder sehen sie die alten Situationen, erleben die alten Gefühle. Da es immer wieder die alten Gefühle sind, die auftauchen, könnte man sie auch wiederholte Gefühle nennen. So als ob Du einen Knopf hättest, den Du nur zu drücken bräuchtest, mit dem Ergebnis, alles ist von neuem da. So als ob Du es von neuem erlebst. Diese Geschichten beginnen Dich zu kontrollieren, aber Du bist es, der diesen Knopf drückt. Diese alten Filme enden damit, dass Du Dich schlecht fühlst, Du bist unschuldig und wehrlos. Da Du der Regisseur dieser Filme bist, ist die Tendenz gegeben, diesen Film noch dramatischer und krasser zu schneiden, mit dem Ergebnis Selbstmitleid mit Dir selber und Deinem Leben zu bekommen. Dir entgeht zunehmend, dass es eventuell auch einen eigenen Anteil in diesen Geschichten geben könnte.
Der vierte Schritt im 12 Schritte-Programm lädt Dich ein, durch eine Inventur Deine Ressentiments, Deine Wiedergefühle, den Blick und die Gefühle überhaupt freizubekommen. In einer anderen Art, mit diesen Verletzungen umzugehen und sie auch loslassen zu können. Du erfährst von Deinen Grundbedürfnissen nach emotionaler Offenheit und körperlicher Nähe, von Deinem Grundbedürfnis nach Sicherheit und auch nach Selbstachtung. Vor allem erfährst Du auch von Deinem Grundbedürfnis nach Achtsamkeit und Spiritualität. Erst wenn Du Dich in diesem Erwachen zu einer neuen Ganzheit erleben kannst, wird es Dir gelingen, im Heute zu leben. Dein Leben lässt sich nur durch den Augenblick leben, nicht durch eine schmerzliche Vergangenheit und eine sorgenvolle Zukunft.
Genau dies ist mit Ronald in der Klinik Bad Herrenalb passiert. Er hatte die Gelegenheit, in der Klinik Bad Herrenalb zu einer neuen Einstellung, »Es ist gut, dass es mich gibt«, aufzuwachen. Dieser Satz war ihm kognitiv lange bekannt, aber er brauchte dafür einen Ort und auch eine Gelegenheit, dies auch in allen Körperzellen als Genesung erleben zu können. Dieses kleine Geheimnis seiner Genesung hat er mit diesem Buch vor all unsere Sinne gelegt.
Anmerkung April 2012
Das Bad Herrenalber Modell wird seit Anfang 2012 nicht mehr in der Klinik Bad Herrenalb angewendet. Das Krankenhaus wurde verkauft und die neuen Eigentümer haben entschieden, konventionellen Therapieformen den Vorzug zu geben. Dr. Dr. Klaus von Ploetz ist jetzt Chefarzt in der Barbarossa-Klinik Kelbra und bietet dort Bonding und Energetische Psychotherapie an. Kliniken, die aktuell das Bad Herrenalber Modell in angepasster Form anwenden, sind die Klinik Bad Grönenbach, die Adula Klinik in Obersdorf und die Klinik Wolfsried in Stiefenhofen.
Gut, dass es mich gibt
Tagebuch einer Genesung
Tattva Viveka Edition 2013,
Privatdruck, Taschenbuch, 195 Seiten
ISBN 978-3-9804144-8-7
oder als eBook (PDF)
Außerdem erhältlich:
Gruppenbindung
Das Konzept der psychosomatischen
Klinik Bad Herrenalb 1971-2011
von Dr. Dr. Klaus von Ploetz
Das Konzept der Klinik Bad Herrenalb löste eine kleine Revolution in der Psychotherapie aus. Nicht die Einzeltherapie führte zum Erfolg der Behandlungen, sondern die Gruppenbindung. Diese therapeutische Erfahrung war für die Gäste der Klinik der zentrale Unterschied. Das Buch enthält Beiträge zur Geschichte der Klinik, den psychotherapeutischen Implikationen, der Theorie der Gruppenbindung sowie drei Berichten von ehemaligen Gästen der Klinik.
140 Seiten, gebunden
ISBN 978-3-945129-13-5 (Print)
ISBN 978-3-945129-14-2 (eBook)